Ein Himmel über Mittenwald // An einen Freund
Gestern hatte ich es mal wieder in der Hand. Du auf dieser Felsnase - gut 1000m unter Dir ein Miniatur-Mittenwald, über Dir dieser krass-gleißend blaue Himmel. Weißt Du noch? Wie Du da standest - mit großem Rucksack in großer Kulisse. Und dann dieser Himmel - er sog unsere Blicke zu sich hinauf. Echt schön das Foto - immer wieder.
Ich finde ja - entschuldige, dass Dein religiöser Freund wieder ein Bibelstück herausholt -, dass wir da schon wie die Jünger geschaut haben müssen, als Jesus vor ihren Augen emporgehoben wurde: Weit hinaus in den offenen Himmel blickten sie, hinaus aus allem hier unten - wie wir damals.
Verdammt, Sveni, das Foto ist auch schon wieder 9 Jahre alt. Wir stehen nun noch tiefer im Leben. Die Abschiede werden auch bei uns größer. Und ich habe auch Angst. Heute eher mehr als früher.
„Was steht Ihr da und seht zum Himmel?“, werden da die Jünger gefragt. Ich glaube mittlerweile: Auf Dauer hilft es leider so gar nichts, sich aus unseren Leben mit all dem Unerfüllten hinauszuträumen. Das geht kurz gut. Und dann kommt es wieder. Wir müssen das Leben leben, wie sich uns jetzt zeigt. Trauern, wenn die Trauer da ist; freuen, wenn Freude wiederkehrt - das alles leben. Einer - natürlich Rilke (Jaja: Dann bin ich halt ein Schöngeist) - hat das mal so geschrieben, auch an einen Freund: „Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antworten hinein.“ Und das wünsche ich uns sehr.
Und trotzdem: Wir sollten mal wieder in die Berge fahren - unter diesen Himmel über Mittenwald. Ist immer gut.
Jan Höffker, Kirchengemeinde Leine-Weper